Bestrahlungen

Mein Weg 11. Teil

Nebenwirkungen

Abenteuerliche Fahrt mit dem Krankentransport

Liebevolles Personal

Ich habe versprochen, auf die Fragen einzugehen, die mir in letzter Zeit gestellt wurden. Viele davon drehten sich um die Bestrahlungen. „Brauchten Sie Bestrahlungen?“ „Wie ging es Ihnen bei und nach den Bestrahlungen?“
Ja, ich brauchte Bestrahlungen. Als der Arzt sich die MRT-Bilder ansah, sagte er, dass man die Metastasen weder vor vier noch vor zwei Jahren hätte erkennen können. Selbst ein Röntgenbild konnte im aktuellen Zustand nichts darstellen. Als mir die Nachricht über die Bestrahlung überbracht wurde, kamen die Bilder und Behandlungen von Patientinnen wieder in mir hoch. Durch die häufigen und starken Bestrahlungen hatten sich Verbrennungen auf der Haut und im Inneren gebildet. Die Narbenzüge reichten nicht nur um die Brust herum, sondern auch bis unter die Achseln, entlang des seitlichen Halses bis zum Kiefer. Die Narben schienen oft steinhart zu sein und ließen sich selbst durch Massagen nicht weich und verschiebbar machen. Bewegungseinschränkungen der Arme und Schultern sowie heftige Nervenschmerzen sind bis heute geblieben. Oft waren auch die inneren Organe betroffen. Eine Patientin erzählte mir, dass sich bei ihr erneut ein Tumor entwickelt habe, der sich einige Jahre nach den Bestrahlungen aus dem zerstörten Gewebe gebildet habe. So sei es ihr im Krankenhaus erklärt worden. Auch während der Bestrahlungen traten Schmerzen, Unwohlsein und Appetitlosigkeit auf.
Direkt nach der Entlassung aus dem Krankenhaus wurde ich mit einem Krankenwagen über die Straße zur Strahlenklinik gefahren. Ja, Sie haben richtig gelesen: über die Straße. Man hätte mich auch per Fuß mit dem Rollstuhl fahren können, was jedoch gesetzlich nicht erlaubt ist allerdings hohe Kosten verursacht.
Es handelte sich um ein Flachdachgebäude, das farblich ansprechend gestaltet war. Trotzdem empfand ich eine unangenehme, gedämpfte Stimmung. Die Mitarbeiterinnen und der Arzt hatten eine sehr positive Ausstrahlung. Sie waren freundlich und lächelten trotz der vielen und dicht getakteten Arbeit. Mir wurde eine relativ leichte Bestrahlung vom sechsten Brustwirbel und fünften Lendenwirbel versprochen. Die Aufklärung war intensiv und umfasste alle möglichen Nebenwirkungen. Zunächst waren zehn Bestrahlungen geplant. Ich wurde jedes Mal mit einem gelben Rollstuhltransporter abgeholt, eine halbe Stunde zur Bestrahlung gefahren und anschließend wieder nach Hause gebracht. Das war für mich sehr belastend, denn ich sollte jegliche Erschütterung der Wirbelsäule vermeiden. Wenn ich hinten im Wagen in meinem festgeschnallten Rollstuhl saß, hatte ich bei jeder Unebenheit der Straße das Gefühl, dass das Fahrzeug hinten hochhüpft und unsanft wieder auf dem Asphalt aufkommt. Ich stützte mich mit aller Kraft mit den Ellenbogen auf die Armlehnen und drückte mich mit den Füßen an den Fußstützen ab. Jede Unebenheit war mit Schmerzen verbunden. Total geschafft kam ich jedes Mal in der Strahlenklinik an. Dort wartete die nächste Schmerzhürde.
Ich sollte mich mit dem Rücken flach auf eine feste Unterlage legen. Da mein oberer Rücken aber nicht mehr flach war, hieß das, Schmerzen auszuhalten, bis er sich an die Unterlage gewöhnt hatte. Das Personal war trotz Zeitdrucks geduldig und legte mir ein halben Zentimeter dickes Schaumstoffkissen unter, das aber nicht wirklich half. Auch hier wurde ich darüber aufgeklärt, dass sich der ganze Tisch nach oben bewegt und sich eine halbmondähnliche Maschine um mich herumdreht. Wie schon beim MRT ließ ich von Anfang an die Augen geschlossen, denn ich hatte von den vielen Platzängsten meiner Patienten gehört. Beim kurzen Spickeln durch die fast geschlossenen Augenlider wurde mir klar, wovon gesprochen wurde.
Ich beamte mich auf die Seychellen oder an einen Wasserfall und war erstaunt, wie schnell die Bestrahlung zu Ende war. Als ich an die Decke schaute, wusste ich im ersten Moment nicht, ob das Dach ein Loch hatte oder warum ich auf einen sonnigen, leicht bewölkten hellblauen Himmel schaute. Die Decke war bemalt. Wie angenehm.
Das Aufstehen war es nicht. Mir stachen tierische Schmerzen in den Rücken, zwei Leute waren nötig, um mich hochzuziehen, und ich bekam keine Luft mehr. Nach einer Minute hatte ich mich gefasst. Man riet mir, an solchen Tagen die Schmerzmittel zu erhöhen. Ich hatte sie jedoch mittlerweile abgesetzt.
An diesen Tagen wurde mir allein schon übel, wenn der gelbe Transporter in den Hof fuhr – selbst wenn es das gelbe Postauto war. Mit der Zeit wurden die Rückenschmerzen jedoch besser. Allerdings schlichen sich Übelkeit und Unlust am Essen ein. Ich sollte aber nicht an Gewicht abnehmen. Das war etwas schwierig. Außerdem spürte ich ein Brennen hinter dem Brustbein. Die Strahlen hatten die Speiseröhre doch etwas verbrannt. Es war ratsam, eher kalte als warme Speisen zu sich zu nehmen, was meinem Magen jedoch nicht bekam. Die Haut über den Bestrahlungsarealen fühlte sich zunehmend ledrig an, aber laut dem Arzt nicht verbrannt.
Die Bestrahlung war zu Ende und nach drei Wochen waren meine Schmerzen wesentlich besser. Danach begann die Chemotherapie, die bis heute andauert.