Stress ist auch, wenn man zu viel weiß
Mein Weg 12. Teil
Zu viel Therapien
Nichts wirklich verändert
Das Körpersignal nicht gelesen
Nachdem ich aus dem Krankenhaus entlassen worden war, machte ich eine Liste mit allen Therapien, die ich kenne und die ich an mir selbst anwenden kann. Ich wählte diejenigen aus, die mir jetzt hilfreich erschienen.
Meine Devise war: Nicht gegen den Krebs kämpfen. Kampf gibt Krieg und Krieg zerstört nicht nur die entarteten Zellen, sondern auch das gesunde Gewebe. Wie ich inzwischen wusste, ist Krebs zunächst eine Hilfe für einen zu stark gestressten und übersäuerten Körper (siehe Artikel 9, Krebsentstehung).
Ich habe sehr viele Therapien und Behandlungsmöglichkeiten gefunden und war dabei, sie in meinen Tagesablauf zu integrieren. Ich habe versucht, mir ein Ritual zu verordnen, dem ich nicht nachkommen konnte, weil der Tag nur 24 Stunden hat und mein Körper all diese verschiedenen Therapien gar nicht verarbeiten konnte. Die Übungen an sich waren sehr gut, aber in ihrer Gesamtheit purer Stress. Im Grunde habe ich meinen dreizehnstündigen Arbeitstag in der Praxis, der meinem Körper anscheinend nicht gut tat, in eine dreizehnstündige Eigentherapie eingetauscht. Im Prinzip habe ich überhaupt nichts verändert. Dazu kamen die guten Ratschläge von Patienten, Klienten und Freunden. Es ging um spezielle Diäten, die sich teilweise widersprachen, um Gegengifte gegen den Krebs und Übungen, die ich mit meinem Körper in dem momentanen Zustand gar nicht machen darf und kann. Noch mehr Stress.
Eine wirkliche Veränderung war die Schließung meiner Praxis. Der daraus entstandene Stress bestand aus Trauer, Scham und dem Gefühl, versagt zu haben. Ich erkannte, dass meine Praxis, meine Arbeit und die Möglichkeit, Menschen helfen zu können, mein Leben waren. Tatsächlich habe ich mich über meine Arbeit definiert, die mir viel Freude gemacht hat. Für mich hieß Menschen gesundmachen, viele effektive Fortbildungen zu besuchen, viele Bücher zu lesen, Patienten und ihre Eigenarten zu studieren und individuell auf sie einzugehen. Ich habe viel Zeit und Geld investiert und war sehr aktiv, um passive Menschen zu motivieren und sie manchmal aus ihrem Loch zu ziehen, aus dem sie gar nicht herauswollten. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass Menschen nicht gesund werden wollten.
Trotz meiner Neugier, meines Interesses und meiner Freude war mein Körper weit überfordert. Er konnte nicht mehr atmen und den Sauerstoff nicht mehr adäquat in die Zellen bringen, die wiederum übersäuerten.
Ich habe seinen Hilferuf nicht erkannt, weil er sich für mein Verständnis, nicht deutlich genug ausgedrückt hat. Mein Körpergewicht stieg und stieg, obwohl ich immer weniger und disziplinierter aß. Die Ratschläge der Ärzte waren: „Machen Sie den Mund zu, wenn das Essen kommt.“ Ich hatte auch keine Lust mehr auf spezielle Diäten, die mein Gewicht nicht reduzierten, sondern eher krankmachende Eigenschaften hatten. (Siehe Artikel „Ernährung”.)
Mein Gewicht normalisierte sich, als ich meine Arbeitsstunden reduzierte, Zeit für kleine Wanderungen hatte und eine ganz andere Art von Freude kennenlernte. Diese brachte eine Leichtigkeit mit sich, die mir bei der Arbeitsfreude fehlte. Das konnte ich aber erst in den letzten zwei Jahren allmählich erkennen. Freude hat sehr unterschiedliche Wurzeln. Beispielsweise ist eine euphorische Freude ebenfalls eine Stressfreude.
Krebs ist keine Krankheit, sondern eine Art Notfallprogramm des Körpers, das dieser allerdings nicht alleine im Griff hat. Er bemerkt die Entartung nicht oder kann sie nicht stoppen, weil der Stress ihn daran hindert.

Ich möchte den Menschen dort abholen, wo er steht, ihn ein Stück begleiten, damit er selbstständig weitergehen kann.